Mit gleich fünf Schwerpunkten hat Ute Schäfer als NRW Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport eine Mammutaufgabe übernommen. Die 1954 in Lage geborene Lehrerin ist stellvertretende Vorsitzende der SPD in NRW. Sie war bereits von 2002 bis 2005 Ministerin für Schule, Jugend und Kinder. Für das Online-Portal des Landessportbundes NRW gab Ute Schäfer eines ihrer ersten Interviews, das sich auf den Sport bezieht.
Welchen Bezug haben Sie zu Bewegung und Sport. Haben Sie eine Lieblingssportart, treiben Sie selbst Sport?
Ich habe persönlich eine sehr große Affinität zum Sport. Früher war ich aktive Wettkampfsportlerin, heute bin ich eine begeisterte Joggerin und fahre gern und viel Rad. Sport ist enorm wichtig für unsere Gesellschaft. Er bietet den Menschen die Möglichkeit der Integration und hilft soziale Grenzen zu überwinden. Sport leistet zudem einen unersetzlichen Beitrag zur Gesundheitsprävention.
Sie haben in einem Ihrer ersten Interviews als Ministerin gesagt, dass Ihr Ministerium im Grunde das dritte Bildungsressort sei und dass es Lebensbildung als Klammer habe. Welche Bedeutung hat für Sie außerschulische Bildung vor dem Hintergrund von Bewegung, Spiel und Sport?
In meinem Ministerium sind alle Bereiche der außerschulischen Bildung zusammengeführt worden. Für mich sind Bewegung und Sport untrennbar mit Bildung verbunden. Denn die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen wird erheblich dadurch geprägt, wie intensiv sie an sportlichen und kulturellen Aktivitäten teilhaben. Beim Sport werden Kinder und Jugendliche in ihrem natürlichen Bewegungsdrang angesprochen. Damit entsteht ein unschätzbarer Zugang zu allen Kindern und Jugendlichen, egal welcher Herkunft. Unser Ziel ist eine spiel- und bewegungsfreundliche Umwelt in der beispielsweise der Zugang zu den Sportstätten und Schwimmbädern nicht am Geldbeutel scheitern darf.
Welche Bedeutung haben Bewegung und Sport in einem Bundesland wie NRW für Sie, in einem Bundesland in dem der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund relativ zur deutschen Bevölkerung ständig steigt?
Bewegung und Sport eignen sich aus meiner Sicht hervorragend für unterschiedlichste Integrationsvorhaben. Diese Möglichkeiten werden wir nutzen. Viele Sportvereine leisten bereits jetzt einen bedeutenden Beitrag zur Integration. Wir unterstützen zum Beispiel das Projekt „Mädchen mittendrin“, mit dem Mädchen mit Migrationshintergrund für den Fußball und für Traineraufgaben gewonnen werden sollen.
Im Koalitionsvertrag sind die Schwerpunkte der zukünftigen Zusammenarbeit mit dem Landessportbund NRW festgeschrieben. Der Fokus liegt auf „Kinder“, „ältere Menschen“, „Förderung von Talenten“, „Gesundheitsprävention“ und „Gestaltung von Bewegungsräumen“. Was soll der von Ihnen angestrebte „Pakt für den Sport“ leisten?
Zunächst einmal will ich die Arbeit des Landessportbundes NRW loben. Er leistet eine gute Arbeit mit den Vereinen und Verbänden. Mit dem „Pakt für den Sport“ wollen wir genau die Schwerpunkte, die Sie genannt haben, gemeinsam mit den Sportverbänden und -vereinen weiterentwickeln. Dass beispielsweise viele Kinder heute keinen Purzelbaum mehr schlagen können, nicht balancieren oder schwimmen können, müssen wir ändern. Unser Ziel ist es auch, die Sportpauschale weiterzuentwickeln, damit die Sportanlagen in Schuss gehalten und zusätzliche Angebote geschaffen werden können.
Der Landessportbund NRW kämpft seit Jahren für eine längerfristige, stabile Finanzierung angesichts rückläufiger Einnahmen aus dem Wettpool. Kann der Sport damit rechnen, dass die neue Landesregierung endlich Planungssicherheit herstellen wird?
Der Landessportbund NRW braucht finanzielle Planungssicherheit. Er benötigt aufgrund der rückläufigen Einnahmen aus Wett- und Lotteriespielen Unterstützung durch die Landesregierung. In unserem Koalitionsvertrag haben wir uns deshalb darauf verständigt, dieses im „Pakt für den Sport“ verbindlich zu regeln.
Ohne ehrenamtliches Engagement ginge im Sport gar nichts. Planen Sie besondere Initiativen zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements im Sport?
Wir wollen das Ehrenamt stärken. Es ist die tragende Säule der Arbeit in Sportvereinen. Ich bin da ganz zuversichtlich, dass wir im „Pakt für den Sport“ Maßnahmen festlegen werden, die freiwilliges und ehrenamtliches Engagement erheblich fördern können. Gegenwärtig wandelt sich das Ehrenamt und darauf müssen wir uns einstellen. Ich denke, wir benötigen Initiativen, die neben der öffentlichen Anerkennung auch inhaltlich neue Akzente setzen, etwa eine gezielte Sichtung, Förderung und Qualifizierung von Ehrenamtlichen. Das werden die Sportvereine allein nicht leisten können. Dafür brauchen sie Hilfe.
Wie stehen Sie zum Leistungssport in unserem Land?
Nordrhein-Westfalen ist sportbegeistert. Der Leistungssport hat eine hohe Bedeutung und ist ein wichtiges Aushängeschild für unser Land. Nehmen Sie ganz aktuell die U20 Fußballweltmeisterschaft der Frauen. Da war eine unglaubliche Stimmung. Und eine Duisburgerin, Alexandra Popp, wird in Bochum und Bielefeld zum Star der Weltmeisterschaft. Parallel dazu haben wir mitgefiebert, wenn in Barcelona bei der Europameisterschaft unsere Leichtathletinnen und Leichtathleten aus Leverkusen, Wattenscheid oder aus einem der vielen anderen Vereine an den Start gingen. Deutsche Teams spielen mit Athletinnen und Athleten, die in Nordrhein-Westfalen gesichtet, ausgebildet und gefördert wurden. Die Leistungssportförderung ist auf gutem Weg. Wir wollen jetzt insbesondere die Nachwuchsförderung in diesem Bereich und die Rahmenbedingungen weiter verbessern.
Wie gefällt Ihnen die Kampagne „Überwinde deinen inneren Schweinehund“(ÜdiS). Wird es auch mit der neuen Landesregierung gemeinsame Kampagnen mit dem Landessportbund NRW geben?
Die Kampagne ist allein schon durch den knuffigen Schweinehund ein echter Sympathieträger. Bevor ich wusste, was dahinter steckt, kannte ich schon das Maskottchen. Gesundheitssport ist eine zunehmend wichtigere Aufgabe. Da kann ich mir gut weitere gemeinsame Kampagnen von Landesregierung und Landessportbund vorstellen.
Interview: Theo Düttmann
Foto: Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW, Andrea Bowinkelmann