Gehörlose Sprinter konzentrieren sich auf den Start – ein Lichtsignal ersetzt den Startschuss. Foto: © Anton Schneid
Im Lohrheidestadion findet am 22. Juli 2019 ein ganz besonderes Event statt: Die 10. Gehörlosen-Leichtathletik-Europameisterschaften (EDAC2019) lockt hoffentlich viele Zuschauer nach Wattenscheid.
Wenn am 22. Juli um vier Uhr nachmittags im Lohrheidestadion in Bochum-Wattenscheid die EDAC2019 feierlich eröffnet wird, wird man kaum einen Unterschied bemerken. Es gibt den Einmarsch der Nationen, Musik spielt, VIPs tummelt sich am Rande des Geschehens, es wird die eine oder andere Rede gehalten, Volunteers stehen bereit und man sieht den Athleten und Athletinnen die innere Anspannung und Vorfreude auf die Wettkämpfe an. Denn gemäß des Deaflympischen*** Mottos "Per Ludos Equalitas" (Gleichheit durch Sport) sind im Sport alle gleich. Im Sport zeigt sich der Unterschied nicht und in ihrer Bedeutung für alle Aktiven, die daran teilnehmen, und diejenigen, die es organisieren, ist die EDAC2019 der Leichtathletik-Europameisterschaft 2018 in Berlin gleichzusetzen.
Und doch gibt es Unterschiede. 2018 in Berlin traten 1572 Athleten und Athletinnen im Wettstreit um Medaillenränge und gute Platzierungen an, in Bochum sind es 208. Wo in Berlin mehrere Hundert Volunteers die Veranstaltung erst zu dem gemacht haben, was sie war, sind es in der Ruhrmetropole fünfzig. Beim Sprintstart ertönt der übliche Schuss, die Läufer und Läuferinnen richten aber ihre Konzentration auf ein visuelles Ampelsignal neben dem Startblock oder am Rande der Tartanbahn. Und da wo in Berlin der Mund das Mittel der Kommunikation war, sind es in Bochum-Wattenscheid die Hände.
Um auf internationalem Sportparkett mit zu den Ersten in der Nationenwertung gehören zu können, standen die vergangenen Monate unter dem Stern der intensiven und umfassenden Vorbereitung auf diesen Höhepunkt, die 10. EDAC2019 im eignen Land. Unter denen, die es geschafft haben, sich dafür zu qualifizieren, sind Leistungsträger, die mit Titeln auf Weltniveau antreten. Erfolg ist kein Geschenk, er muss hart erarbeitet werden.
208 Konkurrenten und Konkurrentinnen, 19 Disziplinen, 26 Nationen – es verspricht, aus deutscher Sicht spannend zu werden. Neben der Ausnahmesportlerin auf den ganz langen Strecken, Dr. Nele Alder-Baerens, die sich in der Welt der Ultraläuferinnen bereits einen Namen gemacht hat und die ihren Silbererfolg bei den Deaflympics 2017 über 10000m wiederholen möchte bzw. EM Gold anstrebt, ist Alexander Bley, amtierender Vizeweltmeister über 1500m, ein gefürchteter Konkurrent auf den Mittelstrecken. Das Jungtalent Delia Gaede qualifizierte sich mit großartiger Leistung bei den Deutschen Gehörlosen-Meisterschaften für den 200m-Sprint.
Text: Anne Köster, Deutscher Gehörlosen-Sportverband e.V.
***Die Deaflympics sind das vom IOC anerkannte Äquivalent zu den Olympischen Spielen und den Paralympics für Menschen mit einem spezifischen Hörverlust.