Wettkämpfe hat er schon länger nicht bestritten, nun verabschiedet sich Jan Fitschen offiziell vom Leistungssport. Im Dress des TV Wattenscheid 01 holte der Läufer zahlreiche Meistertitel – unvergessen ist sein Lauf am 8. August 2006 in Göteborg.
An jenem Abend zauberte er den Lauf seines Lebens im Göteborger Ullevi-Stadion auf die Bahn, als er völlig überraschend den EM-Titel über 10.000 Meter gewann. Bei der EM vier Jahre zuvor in München hatte Fitschen wegen einer Magen-Darm-Geschichte nur zuschauen können, diesmal nutzte er die Gunst der Stunde. In Göteborg erwischte der Wattenscheider ein perfektes Rennen, bei dem er sich in persönlicher Bestzeit mit einem unwiderstehlichen Endspurt vor den favorisierten Spaniern durchsetzen konnte. Europameister von Göteborg: das bleibt.
„Göteborg ist für mich nach wie vor unbegreiflich, weil es so völlig unerwartet kam“, sagt Jan Fitschen heute. Und er fügt hinzu: „Dieser eine Lauf hat mein Leben total umgeschmissen. Wäre ich nur Vierter geworden, hätte man mich völlig anders wahrgenommen. Ohne Titel wäre ich wahrscheinlich nie nach Kenia gekommen.“ Nun hat er sogar ein Buch über die Läufer-Szene des ostafrikanischen Landes geschrieben. „Wunderläuferland Kenia“ ist seit einigen Wochen auf dem Markt, und im nächsten Jahr unternimmt Fitschen mit begeisterten Lesern eine gemeinsame Reise nach Kenia.
Den Sprung ins Berufsleben nach der Läufer-Karriere hat der studierte Physiker längst gepackt – wobei sein Studienfach dann doch eher keine Rolle spielt. Jan Fitschen hält Motivationsvorträge, er arbeitet als Coach für NIKE, er schreibt für laufen.de.
Nun ist er als Profiläufer zurückgetreten, und Fitschen sagt: „Ich bin erleichtert, es war allerhöchste Zeit. Ich wusste schon gar nicht mehr, was ich bei Interviews sagen sollte – wenn man mich gefragt hat, wie es denn wohl weitergeht.“ Seit praktisch drei Jahren plagt sich der Schützling von Tono Kirschbaum mit Problemen an der linken Ferse herum. Zwar wurde er 2013 noch einmal Deutscher Halbmarathon-Meister, doch da hatte das Karriere-Ende auf Raten bereits begonnen.
Vor vier Monaten hat Jan Fitschen sich noch einmal einer Operation unterzogen, der zweiten schon. „Es ist nicht schlecht gelaufen, sagt er, „aber schmerzfrei bin ich nicht. Ich bin jetzt zwei Jahre ohne richtiges Lauftraining, das ist in meinem Alter einfach zu viel.“ 38 Jahre ist Fitschen jetzt alt, da kann man schon mal die Füße hochlegen. Aber niemanden wird überraschen, wenn er erklärt: „Vielleicht mache ich noch mal den einen oder anderen Wettkampf.“ Als Freizeitläufer, wie viele andere auch.
Auch wenn Fitschen sicher häufiger als andere mit Rückschlägen zu kämpfen hatte, bereut er kein bisschen, dass er so lange Leistungssport betrieben hat: „Es gab viele schöne Erfolge. Als ich das erste Mal Niedersachsen-Meister war, das erste Mal Deutscher Meister. Der Berlin-Marathon 2012! Als wir mit dem Verein mal mit ganz knappem Vorsprung einen Staffel-Titel geholt haben. Im Team hat’s immer besonders viel Spaß gemacht.“ Entbehrungen hat es natürlich auch gegeben. Aber Jan Fitschen nimmt’s locker: „Verzicht und Konsequenz gehören einfach dazu. Ich würde alles sofort wieder genauso machen!“
Auf www.janfitschen.de finden Sie unter „Termine“ einige Lesungen von Jan Fitschen – sicher auch in Ihrer Nähe.