Das erste Spiel nach der Entlassung von Trainer Marcel Koller hat der VfL verloren - 0:3 im Pokal gegen Schalke. Thomas Ernst hofft aber schon bald auf die Wende. Im Interview spricht der Sportvorstand über die Trennung, die Beziehung zu den Fans und neue Leidenschaft.
Wie schwer ist Ihnen die Entscheidung zum Trainerwechsel gefallen?
Thomas Ernst: Wir haben sehr offen und respektvoll zusammengearbeitet. So sind auch die Gespräche rund um die Trennung abgelaufen. Auch dafür gebührt Marcel Koller aller Respekt, wie er diese Entscheidung getragen und sich verhalten hat. Es war eine schwere Entscheidung, aber wir mussten im Sinne des Vereins so handeln.
Im Sinne des Vereins aus sportlichen Gründen? Oder auch aufgrund der massiven Fanproteste?
Ernst: Die Gründe liegen in erster Linie im sportlichen Bereich. Die Mannschaft war in den letzten Wochen nicht in der Lage, das Geforderte umzusetzen. Zu häufig waren lethargische Spiele dabei. Die Leidenschaft hat zu oft gefehlt. Und das hat letztlich den Ausschlag für unsere Entscheidung gegeben.
Der Fanaufstand war also nicht ausschlaggebend?
Ernst: Es mag so wirken, weil unsere Entscheidung und die Prostest der Fans in einem zeitlichen Zusammenhang stehen. Aber wir haben vor dieser Partie gegen Mainz und vor den Aktionen der Anhänger schon Gespräche geführt über unsere Situation. Da ging es um sportliche Gründe und das Innenverhältnis zwischen Trainer und Mannschaft. Das war nicht etwa zerklüftet und es gab auch keine zwischenmenschlichen Probleme. Aber die Ansprache des Trainers hat in der Zusammenarbeit nicht mehr die Wirkung erzielt, die erforderlich ist, um die Mannschaft wieder in die Spur zu bringen.
War diese Entwicklung im Sommer noch nicht abzusehen?
Ernst: Es war bisher immer so, dass Trainer und Mannschaft die Kurve bekommen haben. Aber davon waren wir aktuell nicht mehr überzeugt.
Hat Ihnen denn nicht auch der sinkende Zuschauerzuspruch zu denken gegeben? Gegen Mainz waren nur noch 16000 Anhänger im Stadion.
Ernst: Diese Entwicklung ist sicher nicht gut für den Verein. Nichtsdestotrotz lag der Grund für die Trennung vor allem im sportlichen Bereich. Uns hat einfach zuletzt die Leidenschaft gefehlt.
Ist das genau das, was Sie sich jetzt von Frank Heinemann und Dariusz Wosz erhoffen – mehr Leidenschaft?
Ernst: Ich fordere das von der Mannschaft. Es steht ein anderer Trainer an der Spitze steht und mit Dariusz Wosz gehört ein neues Gesicht zum Trainerstab. Entsprechend sind Ansprache und Stil anders. Es können neue Impulse gegeben werden und das kann befreiend auf die Mannschaft wirken.
Gelingt so der Schulterschluss mit dem Publikum?
Ernst: Die Fans waren so enttäuscht, weil wir in den letzten Wochen zu viele lethargische Auftritte hatten. Aber die Vergangenheit hat auch bewiesen, dass die Stimmung im Stadion eine ganz andere ist, wenn die Einstellung stimmt. Da gilt das, was auch Marcel Koller immer gefordert hat: Die Mannschaft muss nicht warten, dass die Fans sie abholen. Sie muss sie vielmehr mit ihrem Spiel überzeugen.
Ist denn die Erwartungshaltung der Bochumer Anhänger nicht auch zu groß geworden? Es scheint fast, als würde das Erreichen des Klassenerhalts nicht mehr als Erfolg angesehen.
Ernst: Ich glaube, die Mehrheit unserer Fans besitzt genug Realitätssinn, um zu wissen, dass wir unsere Ziele nicht zu hoch stecken können – auch wenn wir uns zwischenzeitlich mal für den UEFA-Cup qualifiziert hatten. Die Fans wünschen sich vor allem ein Auftreten, dass es ihnen leicht macht, sich mit der Mannschaft und dem Verein zu identifizieren. Daran müssen wir in erster Linie arbeiten.
Das Duo Heinemann/Wosz wird die Mannschaft also zunächst betreuen. Könnte das auch eine Dauerlösung werden?
Ernst: Nein. Wir sind auf der Suche nach einem neuen Cheftrainer.
Welches Anforderungsprofil stellen Sie an diesen neuen Cheftrainer?
Ernst: Er muss der Mannschaft Leidenschaft vorleben. Und er muss ihr diese Leidenschaft so vermitteln, dass sie es auf dem Platz umsetzt. Daneben gibt es eine ganz Liste an Punkten, die uns wichtig sind und die wir mit den Kandidaten besprechen werden. Und dann werden wir uns für den Richtigen entscheiden!
Das Gespräch führte Dietmar Nolte