Dezimiert, aber trotzdem zuversichtlich: Ein Teil der DM-Starter. (Foto:TV01)
Wenn am kommenden Wochenende die besten deutschen Leichtathleten im Berliner Olympiastadion auf der blauen Bahn aufeinandertreffen und um die Medaillen kämpfen, muss der TV Wattenscheid 01 auf wichtige Leistungsträger verzichten.
„Wir mussten in der Saison wirklich Federn lassen“, so Vereinsmanager Michael Huke. „Es sind einige Kandidaten mit Titel- bzw. Medaillenkandidaten, die ausfallen. Das ist leider schwer zu kompensieren.“
Besonders schwer wiegen die Ausfälle von Top-Athleten wie Pamela Dutkiewicz (100 Meter Hürden), Sosthene Moguenara (Weitsprung), Marius Probst (1.500m), Alexej Mikhailov (Hammerwurf) oder Maurice Huke (Sprint). Auch der Start von Sprint-Talent Keshia Kwadwo, die vor kurzem Staffel-Gold von den U23-Europameisterschaften aus Gävle mitgebracht hat, ist noch unklar. „Ich habe leider, wie auch schon im Januar, eine Reizung der Sehne in der Kniekehle und der Muskulatur auf der Oberschenkelrückseite. Ich muss vor Ort entscheiden, ob ich starten kann“, so Kwadwo.
Mit einer Medaillen-Prognose hält Huke sich daher zurück. „Wir haben circa 15 Top-Acht-Platzierungen inklusive der Staffeln und darüber hinaus rechne ich schon damit, dass wir rund fünf Medaillen erkämpfen können. Das sollte das Kampfziel für alle sein. Aber auch ein vierter Platz ist manchmal so viel Wert wie Gold, Silber, oder Bronze. Von daher möchte ich keine Erbsen zählen. Ich wünsche mir, dass wir ein gutes Mannschaftsbild abgeben mit vielen Bestleistungen und guten Platzierungen.“
Ein aussichtsreicher Kandidat für den Titel ist Robin Erewa. Über 200 Meter führt er die Meldeliste an. Und obwohl auch er in dieser Saison immer wieder mit muskulären Problemen zu kämpfen hatte, blickt er positiv auf seine Performance auf der blauen Bahn. „Ich denke, für die Deutschen bin ich fit“, so der EM-Teilnehmer von 2018. „Natürlich ist die WM stark in meinem Kopf und Berlin ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin. Ich will Norm laufen, das ist das Wichtigste an diesem Wochenende.“ Dafür muss er eine Zeit von 20,40 Sekunden oder schneller anbieten. Dass er dazu fähig ist, hat er in der Vergangenheit bereits bewiesen. Traditionell geht er auch mit der Staffel an den Start. Für das Wattenscheider Quartett liegt eine Medaille ebenfalls in Reichweite.
Über die 5.000 Meter könnte Amanal Petros ebenfalls um den Titel kämpfen. Möglicherweise erhält er auch Unterstützung von seinen Team-Kollegen. Denn über die 5.000 Meter gehen noch vier weitere Wattenscheider Läufer an den Start. „Es wird gebremste Teamarbeit“, so Julius Scherr. „Am Ende läuft jeder für sich, auch wenn wir natürlich gemeinsam taktieren können. Ich persönlich will meinen Meldeplatz verbessern.“ Das will auch Jonathan Dahlke, der mit ihm auf der Bahn stehen will. „Dieses Jahr ist das Feld sehr groß und auch in der Spitze sehr gut. Wenn es ein schnelles Rennen wird, dann ist das Ziel natürlich auch eine PB.“ Dass es ein schnelles Rennen wird, damit rechnet auch Nils Voigt, der vor kurzem bei der U23-EM einen herausragenden vierten Platz über die 10.000 Meter belegt hat. „Ich hoffe, dass es schnell wird, dann werde ich mich einfach so lange dranhängen, wie es geht. Und wenn ich mit einer neuen PB rausgehe, dann bin ich absolut zufrieden mit dieser Saison.“
Die Norm steht auch ganz oben auf der Liste von Diskuswerfer Daniel Jasinski. Er wird mit den Deutschen Meisterschaften den ersten Wettkampf in dieser Saison bestreiten. Lange hatte er mit einem Bündelriss am Adduktor zu kämpfen. Seit etwa einem Monat liegt sein Kurs jetzt in Richtung der DM. „Ich hoffe, dass ich die Norm in Doha abhaken kann“, so der Olympia-Dritte von Rio. „Da will ich was gut machen.“ Denn mit Berlin hat er noch eine Rechnung offen. Im letzten Jahr schied er aufgrund von Problemen am Schambein in der Diskus-Qualifikation bei der EM im Olympiastadion aus.
Mit einer Medaille liebäugelt auch seine Trainingspartnerin Julia Ritter – obwohl sie in Berlin ein ganz besonderes Programm hat. „Ich versuche es mit einem Doppelstart – eigentlich nichts Besonderes, aber in diesem Jahr schon, weil beides zeitgleich stattfindet“, so die Bronzemedaillen-Gewinnerin im Kugelstoßen aus Gävle. „Die kleine Generalprobe in Bottrop lief auch ganz gut, es ist eine Bestweite im Kugelstoßen herausgekommen. Ich bin guter Dinge für Berlin und hoffe, dass da auch eine PB im Kugelstoßen und vielleicht auch eine Saisonbestleistung im Diskus bei rauskommt. Wenn ich eine Bestweite werfen kann, dann könnte es vielleicht auch eine Medaille geben.“
Eine Finalplatzierung wünscht sich auch Annina Brandenburg. Und ihre Vorzeichen stehen gut, denn bei der U23-EM hat sie Bronze im Diskuswerfen gewonnen und geht im Berlin mit großem Selbstbewusstsein an den Start. „Die sechs Werferinnen vor mir sind noch ein ganzes Stück weit weg, daher geht es mir vor allem darum, mich gut zu präsentieren und eine gute Leistung abzurufen.“
Ein weiterer aussichtsreicher Athlet im Medaillenkampf ist Hürdensprinter Erik Balnuweit. Aktuell auf Platz vier der Meldeliste wird der mehrfache Deutsche Meister in Berlin sicherlich von seiner großen Erfahrung profitieren und ein Wörtchen bei der Vergabe der Medaillen mitreden können.
Hürdensprinterin Monika Zapalska hat ebenfalls Chancen auf eine Treppchen-Platzierung. Sie profitiert vom Saison-Aus ihrer Trainingspartnerin Pamela Dutkiewcz und rutscht in der Liste um die Medaillen auf Platz vier vor. „Ich freue mich natürlich nicht, dass Pamela nicht in Berlin mit dabei ist“, so Zapalska. „Aber es ist auch eine kleine Motivation, Wattenscheids Nummer eins zu sein. Ich will mir aber keinen Druck machen, wenn es um eine Top 3 Platzierung geht und sehe alles ganz locker.“
Auf der „flachen“ Sprintstrecke geht EM-Gold-Gewinner Philipp Trutenat für den TV Wattenscheid 01 ins Rennen. Seine Medaille bei den U23-Europameisterschaften gibt ihm Aufwind für die kommende Meisterschaft: „Das klare Ziel für mich ist, im Halbfinale alles zu gehen, um ins Finale einzuziehen – da stehen die Chancen für mich gut. Man weiß nie, wie die Bedingungen vor Ort sind, aber grundsätzlich fühle ich mich gut und kann vielleicht auch meine PB (10,31 sec) angreifen.“
Im Weitsprung ist für Jovanna Klaczynski und Stephan Zenker einiges drin. Beide befinden sich mit ihren Meldeleistungen im Mittelfeld. Sie rechnen sich aber gute Chancen auf eine Top 8 oder Top 5 Platzierung aus, wenn sie gute Leistungen zeigen. „Malaika Mihambo ist natürlich ganz klar vorne“, sagt Klaczynski, „aber danach ist es sehr eng und ich bin guter Dinge. Ich bin sehr stabil um meine Saisonbestleistung gesprungen und das bei Hitze oder Regen, auf großen und auf kleinen Wettkämpfen. Ich kann vor allem gut springen, wenn es drauf ankommt.“ Ähnlich sieht das Stephan Zenker: „Wir sind viele Athleten, die um die 7,60 bis 7,70 Meter springen können. In dem Bereich sehe ich mich auch und schaue einfach mal, was am Wochenende gehen kann".